Vestfirðir. Es sind nicht nur die spektakulären Landschaften, die ein Besuch der Westfjorde in Island verspricht, sondern – und vor allem – die Abgeschiedenheit, wilde Dramaturgie und schiere Weite, die einem den Atem raubt. Und nicht mehr loslässt.
Die Westfjorde sind ein Traumziel für Fotografen und alle Natur-Begeisterten. Wie riesige Finger ragen die einzelnen Fjorde ins Landesinnere, mit kleinen Siedlungen und atemberaubenden Fotomotiven in jeder Bucht. Nachdem Florian (Vulkankultour.de) und ich zwei Fotoreisen im/um sog. Golden Circle in Island durchgeführt haben, war es an der Zeit für Island 2.0: die Westfjorde! Im September 2019 war es so weit: mit einer gewohnt kleinen Gruppe von nur 6 Teilnehmern und einer riesigen Erwartungshaltung sind wir von Reykjavik mit einer kleinen Maschine direkt nach Ísafjörður gestartet.
Unsere Erwartungen waren riesig. Sie sollten weit übertroffen werden.
Man braucht ein Auto und viel Zeit in den Westfjorden, dafür ist hier der Weg aber tatsächlich das Ziel. Es gibt soooo viel zu entdecken! Viele kennen den mächtigen Wasserfall Gullfoss im Südwesten Islands, von Dynjandi oder Hraunfossar in den Westfjorden haben sie aber noch nie etwas gehört. Dazu aber später mehr!
Unter fast schon körperlichen Schmerzen habe ich aus Unmengen von Bildern diese kleine Auswahl zusammen gestellt. Im September 2020 werden wir wieder in den Westfjorden unterwegs sein. Die Reise ist buchbar und es gibt noch ein paar Plätze (Stand 10.01.20). Wenn also diese Bilder Lust auf mehr machen: unbedingt mitkommen!
Jetzt wünsche ich euch viel Spaß bei der Lektüre ;)
Ísafjörður bedeutet schlicht Eisfjord und ist eine Ortschaft mit nicht mal 3.000 Einwohnern. Was bei uns als kleines Dorf durchgehen würde, ist in den Westfjorden eine Stadt. Mit einer kleinen Maschine der Air Iceland sind wir an einem verregneten Morgen also in Ísafjörður gelandet. Wie immer, hatten wir zwei große SUVs, die Taschen und das Foto-Equipment waren schnell verstaut und schon ging es los.
Hochhäuser oder andere urbane Bebauung sucht man hier vergeblich. Ein paar Straßen und bunte Häuschen bestimmen den Ort.
Große Sehenswürdigkeiten gibt es in Ísafjörður nicht. Außer einer: einen 3D-Fußgängerübergang.
Das neue 3D Design soll dazu beitragen, dass Autofahrer mehr auf kreuzende Fußgänger achten und vom Gas gehen, wenn sie durch die Stadt fahren. Das mussten wir natürlich schon überprüfen! Was von der anderen Seite eher komisch anmutet, entpuppt sich in Fahrtrichtung tatsächlich als ein “schwebender Zebrastreifen”!
Das regnerische Wetter zaubert immer eine ganz besondere Stimmung. Die Farben sind gedämpft, die Wolken hängen tief in den Fjorden.
Über eine halbe Million Schafe müssen im Herbst aus allen Regionen Islands zurück in den Stall gebracht werden.
Die Schafe stört das Regenwetter nicht im Geringsten. Den ganzen Sommer durften sie frei und unbekümmert im Hochland herumlaufen. Vor dem Winter müssen sie nach Hause. Und nicht nur hier, über eine halbe Million Schafe müssen im Herbst aus allen Regionen Islands zurück in den Stall gebracht werden. Sie werden mit Pferden, mit dem Quad, mit Geländewagen und zu Fuß herabgetrieben oder gebracht. Rettir heißt das Spektakel und wir durften ein bisschen zuschauen.
Der nächste Morgen grüßt uns mit einem dramatischen Wolkenhimmel. Unterwegs reihen sich die Fotomotive wie Perlen an einer endlosen Schnur.
Das schönste Bild kann kaum das Gefühl beschreiben, inmitten dieser Landschaft – so gut wie alleine – zu stehen. Ist das nicht ein Wahnsinn?
Dynjandi, “Der Dröhnende”, stürzt mit einem ohrenbetäubenden Getöse in die Tiefe.
Viele kennen den mächtigen Wasserfall Gullfoss im Südwesten Islands, von Dynjandi haben sie noch nie etwas gehört.
Nomen est Omen: Dynjandi, “Der Dröhnende”, stürzt mit einem ohrenbetäubenden Getöse in die Tiefe. Genau genommen sind es mehrere Wasserfälle, die sich treppenartig mehr als 100 Meter tief über eine Felswand ergießen. Dieses Wasser speist wiederum mehrere darunter liegende, kleinere Wasserfälle. Auf dem Weg nach oben kommt man an ihnen vorbei.
Hier haben wir natürlich einige Stunden verbracht.
Ähm…… hier sollte es eigentlich rechts gehen…. aber wo ist die Straße?
In den Westfjorden hat man an vielen Stellen einfach ein Schwimmbecken gebaut – mitten im Nichts.
Spektakuläre Aussichten warten quasi hinter jeder Kurve! Bekanntlich verfügt Island über jede Menge heiße Quellen. In den Westfjorden hat man an vielen Stellen einfach ein Schwimmbecken gebaut – meist einfach in die wilde Landschaft. Oft steht ein kleines Häuschen zum Umziehen daneben, manchmal auch nicht. Warm ist das Wasser aber auf jeden Fall und ein Bad in dem Thermalwasser ist eine Wohltat, besonders wenn es kalt ist!
Mal so im Schwimmbecken liegen und die unfassbare Natur genießen. Hach….
Im September ist der Herbst in Island bereits eingezogen. Die Nächte werden kühler und die Pflanzen färben sich in unfassbares Rot, Gelb und Orange.
Auch hier kann man baden. Nach einem Bad im Meer bietet eine heiße Quelle die nötige Wärme. Einen Eintritt gibt es freilich nicht, jedoch möchte der Besucher einen kleinen Obolus nach eigenem Ermessen in diesen Kasten werfen. Mit dem Geld wird der Ort instand gehalten.
Haben wir gerne gemacht!
F66 ist die einzige Verbindung zu den nördlichen Fjorden und bietet fantastische Aussichten.
Kolla….Heidi – was? Wie auch immer diese Straße heißt, unter den Offroad-Liebhabern ist das einfach nur die F66. Die Straße ist die einzige Verbindung zu den nördlichen Fjorden und bietet fantastische Aussichten. Auf der ganzen Strecke haben wir kein einziges Fahrzeug getroffen.
Jede Menge Stops, noch mehr Bilder. Kurz mal die Karte checken und weiter. Eine lange Bergabfahrt mündete in einem Bach, naja, eher in einem kleinen Fluß. Kein Problem für unsere Geländewagen. Wir lieben Wasserspiele!
Die breite Furt war hinter uns, ein paar größere Pfützen kamen in Sicht. Entschuldigung – Pfützen? Diese wurde immer tiefer und tiefer! Das Kennzeichen hing gerade noch an einem Faden.
Der geneigte Isländer ist eher pragmatisch veranlagt.
Nächster Morgen, Karten-Check. Heute besuchen wir mitunter ein Salzwerk….
… unterwegs bleiben wir hier stehen. Hier scheint sich Alfred Hitchcock öfter mal inspiriert zu haben!
Für die Salz-Herstellung wird ausschließlich geothermische Energie verwendet.
Das Salzwerk (https://www.saltverk.com) produziert in Handarbeit Salz. Das Verfahren wurde seit dem 17. Jahrhundert kaum verändert. Der gesamten Betrieb wird mit geothermischer Energie betrieben. Bei einer Führung durch das Werk haben wir die einzelnen Schritte erfahren und einen Blick hinter die Kulissen geworfen.
Wo eine heiße Quelle, da ein Pool! Dieser wird gerade gereinigt.
Mit heißem Wasser, versteht sich!
Die Isländer haben nicht nur schwarze Kirchen, sondern wohl auch den farblich passenden Humor.
In den Westfjorden finden sich einige sog. “lost places” – ein Paradies für Fotografen! Dieses Haus war zwar sehr fotogen, allerdings nicht ganz “lost” – die neuen Fenster zeugen von Sanierungsaktivitäten. Naja – Zeit wird’s :)
Der Nachmittag wurde allmählich zum Abend und die goldene Stunde brach an. Hoffentlich, hoffentlich werden wir rechtzeitig da sein?
JA!!!!!
Djúpavík kann man nicht beschreiben. Djúpavík muss man sehen. Und vor allem: fühlen.
Mit breitem Grinsen kamen wir an diesem Abend nach Djúpavík.
Djúpavík ist nicht einfach nur ein Ort. Djúpavík ist …. ist…. ein Wahnsinn. Diesen Ort kann man nicht beschreiben. Djúpavík muss man sehen, aber vor allem: fühlen. Man wird sofort von einer geheimnisvollen Aura ergriffen. Ich könnte ohne weiteres einen ganzen Artikel nur über diesen Ort schreiben und vielleicht mache ich es noch, hier nur ein kurzer Exkurs:
Diúpavík, „Die tiefe Bucht“liegt am Reykjarfjörður. Ein einsamer Ort mit ein paar Häuschen, einem originellen Gasthaus und sonst: nix. Der große weiße Gebäudekomplex ist leer. Naja, nicht ganz. Es steht jede Menge drin und alles an seinem Platz. Wie 1954.
Die Heringsfabrik war im Jahre 1934 das größte Betongebäude in Island, ihre Technik einmalig in ganz Europa. Die Arbeiter der Fabrik wohnten in Zelten sowie vor allem in der kalten Jahreszeit auf einem 30 Mann fassenden anliegenden Dampfschiff, das als Wrack immer noch vor Anker liegt. Weibliches Personal teilte sich zu acht kleine Zimmer im anliegenden Haus, das heute als Gasthaus und Hotel dient. Als in den 1950er Jahren die Heringsschwärme nachhaltig ausblieben, musste die Fabrik schließen. Aber nur die Arbeiter verließen das Gebäude, alles andere blieb.
An Ort und Stelle.
Die ehemalige Unterkunft für Arbeiterinnen wurde in den 1980-er Jahren saniert und zu einem Hotel umgebaut. Direkt gegenüber haben die Kinder der Gastgeber einen kleinen Stand gebaut und verkaufen bemalte Steine. Anwesend sind die Mädchen freilich nicht, man soll bezahlen, was man so meint. Ein bemalter Stein aus Djúpavík liegt seither an meinem Schreibtisch.
Das Hotel passt perfekt in die Szenerie: die Gaststube ist rustikal, die Zimmer gemütlich (kaum zu glauben, dass hier vor nicht mal 100 Jahren 8 Frauen geschlafen haben!), das Gemeinschaftsbad hat eine heiße Dusche und die Aussicht ist unbezahlbar. Im ersten Stock gibt es nur ein paar Zimmer. In der Leseecke steht ein Sofa und der Haus-Hund macht hier sein Mittagsschläfchen.
Ist das nicht genial? Aber das Beste sollte noch kommen….
Am nächsten Tag machen wir eine kleine Wanderung und schauen uns alles von oben an. Die alte Heringsfabrik gehört mittlerweile unserem Gastgeber Magnus Karl Petursson und seiner Familie. Magnus hat seinen Job in Reykjavik an den Nagel gehängt und an den vielleicht einsamsten Ort in Island gewechselt: Djúpavík. Hier führt er das gleichnamige Hotel und restauriert nach Kräften die Heringsfabrik.
Der Blick von oben ist schwindelerregend – aber keine Angst! Hier stürzt sich niemand in die Tiefe, hier wird “nur” fotografiert!
Einen ganzen Nachmittag haben wir die alte Heringsfabrik exklusiv für uns alleine.
Die gesamte Foto-Reise in den Westfjorden ist einfach fenomenal. Aber – IN der Heringsfabrik fotografieren zu dürfen, das ist das Sahnehäubchen!
Einen ganzen Nachmittag haben wir die Fabrik exklusiv für uns alleine. Ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll. Jedes Adjektiv scheint hier zu schwach, um die Atmosphäre in der Fabrik zu beschreiben. Hier eine kleine Kostprobe:
In Island sind Kirchen – auch die in Nirgendwo – immer offen, also werfen wir einen Blick hinein.
Noch ganz benommen von der gestrigen “Fabrik-Session” fahren wir heute weiter. Unterwegs sehen wir eine neue Kirche, das ist hier eher selten. Direkt gegenüber eine kleine schnucklige. In Island sind Kirchen – auch die in Nirgendwo – immer offen, also werfen wir einen Blick hinein.
Heute geht es zu einer weiteren verfallenen Heringsfabrik – nicht so groß und schon sehr verfallen, aber nicht minder interessant. Unterwegs gibt es jede Menge Fotostops. Da kann schon mal passieren, dass man im Eifer des Gefechts irgendwo hängen bleibt. Kein Problem für Florian: die Hose wird kurzerhand ausgezogen, im Tümpel gewaschen und am Autofenster eingeklemmt. Der Fahrtwind macht sie trocken. So geht Waschen in Island!
Auch hier hat man früher Fisch verarbeitet. Überall gibt es Fotomotive die ein Fotografenherz höherschlagen lassen!
Zur Mittagspause kamen auch ein paar Nördliche Entenwale (Sachen gibts!) vorbei – vielleicht gibt es was Leckeres? Wal kann nie wissen!
Nach getaner Arbeit: ein Bad im vielleicht einsamsten Schwimmbad Islands.
Wale haben wir heute schon gesehen, zwar nur von Weitem, aber immerhin. Dafür haben sich am späten Nachmittag diese Kameraden sehr fotogen verhalten!
Zurück in Diúpavík. Die Sonnenwind-Vorhersage war günstig, es könnte heute Nacht passieren! Wir liegen auf der Lauer. Und tatsächlich! Gegen 23h war es soweit!
Good Bye, Diúpavík! Drei Nächte haben wir hier verbracht und irgendwie wollte niemand so richtig abreisen. Verabschiedet haben wir uns, gefahren sind wir auch, verlassen haben wir diesen Ort aber nicht. Diesen Ort kann man einfach nicht mehr vergessen.
Daher: Dieses Jahr kommen wir wieder!
Es wurde mir versichert, dass heutzutage in Hólmavík keine Hexen mehr verbrannt werden, ich nahm mich trotzdem in Acht. You never know!
Zurück in der Zivilisation, jedenfalls nach den Maßstäben der Westfjorde. In dem beschaulichen Örtchen Hólmavík gibt es skurrile Häuschen, einen Supermarkt, eine Tankstelle und …. Hexen-Verbrennung. Also – früher jedenfalls. Heute befindet sich an der ehemaligen Verbrennung-Stelle ein Hexen-Museum und eine Kneipe. Es wurde mir versichert, dass heutzutage in Hólmavík keine Hexen mehr verbrannt werden, ich nahm mich trotzdem in Acht. You never know!
Wir sind auf dem Rückweg in Richtung Reykjavik und machen eine kurze Wanderung auf und um den Vulkan(Krater).
Übrigens: Die Chinesische Mauer wurde vermutlich in Island erfunden ;)
Auf jeder Fotoreise gibt es tolle Brücken-Motive, so auch hier. Jeder darf sich nach Lust und Laune mit dieser Schönheit auseinandersetzen!
Eines der letzten Highlights am vorletzten Abend ist der Hraunfossar. Pünktlich zur goldenen Stunde sind wir da. Auf einer Länge von ca. 700 Meter strömt in über hundert kleinen Wasserfällen schäumend und sprudelnd Wasser aus dem schwarzen Gestein des alten Lavafeldes. Das Wasser hat sich im Lauf der Jahrhunderte ihren Weg unter dem Lavafeld gegraben und kommt wie aus dem Nichts in vielen kleinen und größeren Strömen.
Auch hier fehlen uns die Worte.
Nordlichter ohne Ende. Dieser Abend war unbeschreiblich.
Ganz beseelt von Hraunfossar sind wir in der heutigen Unterkunft angekommen. Heute haben wir ein ganzes Gasthaus nur für uns! Little did we know… was uns heute Abend erwartet. Nach einer gemütlichen Brotzeit in der Küche sind einige von uns in den hauseigenen Hotpot auf der Terrasse gestiegen. Andere haben wiederum auf der selbigen Stative und Kameras aufgebaut. Es war ein “Familien-Abend” wie aus dem Bilderbuch: baden, plaudern, ein paar Dosen Bier. Auf einmal klarte der Himmel auf und wir sahen ein himmlisches Spektakel, das unsere kühnsten Träume bei weitem übertroffen hat. Unbeschreiblich!
Der Name Langjoküll ist zutreffend: nicht nur ist der Gletscher sehr lang, mit ca. 900 Quadratkilometern auch der zweitgrößte in Island.
Heute: Gletscher.
Heute ist unser letzter Tag, morgen früh geht es nach Hause. Höchste Zeit, den Langjoküll, den langen Gletscher, zu besichtigen. Der Name ist zutreffend: nicht nur ist der Gletscher sehr lang, mit ca. 900 Quadratkilometern (!) auch der zweitgrößte in Island. Wir fahren natürlich nicht auf dem Eis, dafür gibt es Spezialfahrzeuge, aber für ein Foto müssen die Autos zumindest ein paar Meter drauf ;)
Ein kurzer Stop, ein paar Fotos, weiter gehts. Wir fahren off-road. Ein kurzer Kartencheck: hoffentlich ist die Straße passierbar!
O-ja. Am Mars gibt es Leben!
Da denkt man nix, da fährt man durch Nix, und plötzlich ist in Nix ein Waschbecken. Mit einem Wasserhahn von Grohe. Schon ein Hund, der Isländer!
Unsere Tour ist eine Foto-Reise. Wenn uns nicht der Mund ob der Landschaft offensteht, wird also natürlich hauptsächlich fotografiert.
In allen Lagen, versteht sich!
Selfie 2.0
Nun ja, irgendwann musste es ja kommen: das Ende der Reise. Wir sind überwältigt, wir sind tief beeindruckt und wir finden kaum Worte. Mit einem lachenden Bus und einem weinenden Auge verabschieden wir uns von dieser spektakulären Reise und von den Tour-Teilnehmern, die zu Freunden wurden: auf Wiedersehen ihr lieben, auf Wiedersehen Island, auf bald!
Natürlich können wir gar nicht genug kriegen. Diese 10-tägige Reise in die Westfjorde wird im September 2020 wieder stattfinden. Lust bekommen?
Dann nix wie anmelden: ein paar Plätze haben wir noch!